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Was ist bilingual, und was heißt es eigentlich zweisprachig aufzuwachsen? Ist es ein Nachteil oder doch ein Vorteil?
Viele Kinder und Jugendliche, die in Österreich heranwachsen, aber Eltern haben, deren Muttersprache eine andere als Deutsch ist, sehen es eher als einen Nachteil. Sie tun sich oft schwer damit, zwei Sprachen gleichzeitig zu lernen. Oft können die Eltern selbst kein Deutsch beziehungsweise kein sehr gutes, wodurch sie keine Möglichkeit haben ihre Kinder beim Deutsch lernen zu unterstützen. Ich bin auch eines dieser Kinder, das zweisprachig aufwächst. Meine Muttersprache ist Serbokroatisch und meine Zweitsprache Deutsch. Da meine Eltern mit mir von klein auf immer nur in meiner Muttersprache gesprochen haben, bin ich in meinen ersten Lebensjahren nur sehr wenig mit der deutschen Sprache in Kontakt gekommen. Erst im Kindergarten musste ich mich mit dieser Sprache anfreunden, und ich habe mir anfangs auch sehr schwer getan, mit anderen Kindern zu kommunizieren und zu spielen. Ich erinnere mich noch, dass ich oft nicht verstanden habe, was die anderen Kinder oder die Kindergärtner/Innen zu mir gesagt haben, und, dass ich mich dadurch auch teilweise ausgeschlossen gefühlt habe.
Ich finde aber, dass ich mit der Zeit relativ schnell und gut Deutsch gelernt habe, und ich jetzt mit meinen 17 Jahren sagen kann, dass ich Deutsch sogar besser als Serbokroatisch kann. Dies wirkt sich wiederum auf meine Muttersprache schlecht aus, da ich diese immer nur verwendet habe, wenn ich mit meinen Eltern oder meinen Verwandten geredet habe. Mein ganzer Freundschaftskreis bestand über die letzten Jahre hauptsächlich nur aus Österreichern, und deswegen war mir auch die deutsche Sprache viel wichtiger als meine Muttersprache. Ich habe es oft auch versteckt, dass ich noch eine andere Sprache kann, weil ich Angst hatte, nicht dazu zu gehören, und weil ich so sein wollte wie die anderen, nicht anders. Diese Einstellung hat sich aber mit der Zeit verändert, wo ich auch angefangen habe, mich mit anderen Leuten anzufreunden, die auch meine Muttersprache können. Dies hat mir und meinem Sprachbewusstsein sehr viel Selbstbewusstsein und Stärke gegeben. Ich scheue mich nicht mehr, in meiner Muttersprache zu reden und will es auch nicht verstecken. Aber nicht nur das Sprechen von Sprachen ist ein besonderer Punkt, sondern auch das Lesen und Schreiben. Da ich nur in Österreich in die Schule gegangen bin und auch weiterhin gehe, habe ich in der Schule nie wirklich diese Sprache (Serbokroatisch) schriftlich gelernt. Die einzige Möglichkeit die ich hatte, meine Muttersprache zu lernen, war ein Serbokroatisch-Unterricht, der in der Volksschule angeboten wurde, und den ich auch 3 Jahre lang besucht habe.  Dieser Unterricht, als auch all das, was ich von meinen Eltern gelehrt bekommen habe, sind meine einzigen Quellen der schriftlichen serbokroatischen Sprache. Dennoch finde ich, dass dies zu wenig ist, um eine Sprache schriftlich gut zu können. Es kommt noch dazu, dass Serbisch in zwei Schriften geschrieben wird, nämlich Lateinisch und Kyrillisch. Die lateinische Schrift fällt mir leichter, weil diese Schrift in Österreich, als auch in meinem ganzen Umfeld verwendet wird. Kyrillisch habe ich zwar gelernt, es fällt mir aber schwer, „flüssig“ einen Text auf Kyrillisch zu lesen, da ich einfach nicht daran gewöhnt bin. Ich bin mir aber sicher, dass mit ein bisschen Übung und Wiederholung, mir diese Schrift zu lesen, keine Probleme mehr bereiten würde. Mit der Zeit sehe ich immer mehr ein, wie wichtig es ist, meine Muttersprache weiter aufrecht zu erhalten. Es erweitert einfach meinen Horizont und manchmal kommt es mir sogar so vor, als würde ich zwei Leben leben. Eines wenn ich Deutsch rede, und eines wenn ich Serbokroatisch rede. Ich werde auch in Zukunft weiterhin versuchen, diese weitere Sprache, die ich beherrsche, zu fördern und nie zu verlernen. Ich bin nämlich stolz darauf, noch eine weitere Sprache zu können, weil ich mittlerweile nur Vorteile darin sehe. Der größte Vorteil, finde ich, liegt darin, dass es Menschen einfach verbindet. Diese Verbindung ist nämlich der Grund, wieso ich es so wichtig finde, mehr als nur eine Sprache zu können. Und durch diese Verbindung kann Großes entstehen.