Janez aus Slowenien, 43: Der Basketball-begeisterte Slowene erhielt nach dem Auseinanderfallen Jugoslawiens ein Angebot in einem österreichischen Verein für die erste Liga zu spielen und gleichzeitig bei einem Sponsor in der fleischverarbeitenen Industrie zu arbeiten. Seither arbeitet und wohnt der EU-Bürger unter der Woche in Österreich, die Wochenenden lebt er bei seiner Familie in Slowenien.

Ein Leben ohne Basketball kann ich mir nicht vorstellen. Ich liebe diesen Sport. Mein Traum war es einmal vom Basketball-Spielen leben zu können. Als Jugoslawien dann auseinanderfiel, hat sich 1991 für mich diese Möglichkeit ergeben, dass ich in der österreichischen Liga spielen konnte. Der Verein, der mich ins Team holte, hatte einen Sponsor, einen fleischverarbeitenden Betrieb. Für den habe ich gearbeitet und so habe ich eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Bei dem Betrieb bin ich noch immer. Im Basketball bin ich nur noch als Trainer aktiv, ich trainiere hier eine Jugendmannschaft.  

Montag bis Freitag arbeite und lebe ich in Österreich, wo ich einen Zweitwohnsitz angemeldet habe. Übers Wochenende lebe ich bei meiner Familie in Slowenien. Mir geht es gut hier, aber es ist schade, dass meine Familie in Slowenien lebt. Meine Frau sagt, sie möchte hier nicht wohnen und ich bin froh, dass ich in Österreich bin. So leben wir zwischen den Grenzen. Aber ich verstehe meine Frau. Sie kann nicht Deutsch und sie hat Angst, dass sie in Österreich nicht so einen qualifizierten Job findet, sie ist Ökonomin, hat Wirtschaft studiert, und will hier nicht putzen oder irgendeinen anderen niedrigsten Job machen müssen.  

Ich habe damals einen beruflichen Abstieg in Kauf genommen. Ich war, wie man so schön sagt, "Jung und Dumm". Denn mir ging es nur ums Basketball-Spielen und nicht um das Berufliche. Ich habe davon geträumt, dass ich vom Basketball-Spielen leben kann. Aber dem war dann nicht so. Ich habe vielleicht auch nicht soviel Kraft gehabt. Vor allem aber bin ich, vom Sport her gesehen, einfach in das falsche Land gegangen; ich hätte nach Deutschland oder Italien gehen müssen, wo Basketball einen ganz anderen Stellenwert hat.  

Beruflich habe ich zuerst eine Ausbildung zum Elektriker abgelegt und mich später umorientiert: Vier Jahre lang bin ich täglich nach der Arbeit in die Abendschule und habe schließlich die staatliche Krankenpfleger-Prüfung abgelegt. In Österreich habe ich leider nie als Krankenpfleger gearbeitet. Der Sponsor meines Basketball-Vereins war ein fleischverarbeitender Betrieb, dort war ich als Arbeiter in der Produktion eingesetzt. Da sind viele Ausländer, weil die Arbeit eine schwere ist. Nun bin ich schon jahrelang Vorarbeiter, meine Arbeit ist deswegen ein wenig leichter, aber ich muss trotzdem mitarbeiten, nicht nur kontrollieren und schauen. Ich kenne im Prinzip das ganze Handwerk, nur dass mir der Ausbildungsbrief fehlt. Vielleicht kommt das noch? Mein Motto ist, dass man das ganze Leben lernen muss.  

Meine Frau und meine Kinder sind für mich das wichtigste im Leben. Aber sie wissen auch, dass ich ohne Basketball nicht wirklich leben kann. Neben der Arbeit verbringen ich viel Zeit in der Sporthalle und trainiere eine Jugendmannschaft. Davon kann ich nicht leben, das ist mein Hobby. Mein Lohn ist, wenn ich junge Leute sehe, die zufrieden sind. Mich interessiert nicht nur der Sport. Ich möchte, dass die jungen Leute von mir auch was für ihr eigenes Leben lernen. Ich versuche sie zu gesunden, guten Menschen heranzuziehen.  

Mein Deutsch ist nach all den Jahren immer noch nicht besonders. Ich bin das totale Anti-Talent, was Sprachen anbelangt. Alles, das ich gelernt habe, habe ich einfach so aufgeschnappt, einen Deutschkurs habe ich nie besucht.  

Aber durch den Basketball-Verein war ich schnell integriert. Ich komme von einem Mannschaftssport. Ich schaue immer zuerst, welche Art von Teamplayer der andere ist und wie der Mensch funktioniert. Erst danach frage ich vielleicht aus welchem Land dieser Mensch kommt. Zu 90% waren meine Erfahrungen hier positiv. In jedem Land gibt es, salopp gesprochen, blöde Leute, aber meines Erachtens sind die Österreicher gut.  

Ich bin seinerzeit von Slowenien hierhergekommen, weil ich kein Geld hatte. Aber ich möchte von meinen eigenen zehn Fingern hier leben. Ich brauche keine Hilfe vom Staat. Ich arbeite gerne. Deswegen bin ich gekommen. Die Inländer sollen keine Angst haben, nur verstehen, warum ein Ausländer in ihr Land kommt. Leider gibt es überall Missbrauch: Der arbeitet nicht, der nutzt das System aus. Aber fünf Finger sind nicht die gleichen, weder bei den Ausländern, noch bei den Inländern. Insgesamt sollten Inländer mit Ausländern, die neu zugezogen sind, mehr Geduld haben. Es dauert einfach, bis man sich eingelebt hat. Ich erwarte aber auch, dass die Ausländer von sich selbst aus aktiv werden, z. B. indem sie die Sprache lernen und Land und Leute kennenlernen.  

Wenn Slowenien nicht in die EU gekommen wäre, hätte ich heute sicher die österreichische Staatsbürgerschaft. Weil du weniger Probleme hast und du wahrscheinlich auch das Gefühl bekommst: Jetzt bin ich Daheim.       2.12.2013