Eda AKCA, 17: Die Österreicherin türkischer Abstammung wurde schon hier geboren, sie gehört zur sogenannten zweiten Generation. Die selbstbewusste junge Frau lebt parallel in zwei Kulturen, zwischen denen sie mühelos hin- und herwechselt. Derzeit ist sie auf Arbeitssuche.

Meine Familie stammt aus Anatolien und kam vor über 20 Jahren hierher. Mein Papa verdiente als Elektriker in der Türkei sehr wenig und wollte seiner jungen Familie mehr bieten. So ging er nach Österreich, wo schon ein paar Verwandte von uns lebten. Er arbeitete in den ersten Jahren als Kellner und lernte gut Deutsch. Ein paar Jahre später zog meine Mama mit meinen zwei älteren Schwestern nach, während meine jüngere Schwester und ich hier geboren wurden.  

Ich bin als türkisches und als österreichisches Mädchen aufgewachsen. Wenn ich Zuhause bin, dann lebe ich innerhalb der türkischen Kultur und spreche auch Türkisch. Da bin ich das brave, türkische Mädchen. Im Kindergarten, in der Schule, im öffentlichen Leben dagegen spreche ich Deutsch und richte ich mich nach der österreichischen Kultur. Da bin ich die offene Eda, die sich an alles anpasst. Ich bin einmal da und einmal dort und muss mit beiden klarkommen. Ich kann nicht sagen, ich gehe in der Mitte, sondern ich muss einmal nach rechts und einmal nach links.

In meinem Handeln versuche ich an meine Familie zu denken. Passt es zu meiner Familie? Würden sie etwas dagegen haben? Oder will ich das so und werde ich das dann auch so machen? Ich möchte nicht, dass meine Familie sich ausgeschlossen fühlt und ich möchte mich umgekehrt auch nicht ausschließen von meiner Familie. Denn die Familie ist meine wichtigste Unterstützung. Die stehen hinter mir, auch wenn ich Fehler mache.  

In der Schule gab es Unterstützung vor allem für Deutsch. Meine Mama konnte mir ja mit den Hausaufgaben nicht helfen. Ich habe alles selber machen müssen. Ich habe die freiwilligen Förderstunden an der Schule angenommen und dort auch meine Hausaufgaben gemacht. Nach der Hauptschule bin ich auf die Handelsschule gegangen, dort habe ich Förderstunden in Englisch gebraucht. Nicht ich alleine, sondern auch Freundinnen, die von Bosnien oder sonst wo hergekommen sind. Das war etwas wirklich Gutes für uns.  

Die zweite Klasse der Handelsschule musste ich wiederholen und ich habe einfach den Willen nicht mehr gehabt und mich in der neuen Klasse nicht mehr wohlgefühlt. Da habe ich mir gesagt: OK, dann steig' aus von der Schule und geh' arbeiten. Und jetzt bin ich eben auf der Suche nach einer Arbeit. Ich habe schon einmal in einem Kindergarten geschnuppert und in den Sommerferien in der Stadtgärtnerei gearbeitet. Beides hat mir super gefallen. Nur im Gastgewerbe möchte ich nicht arbeiten.  

Aber eines ist klar für mich: Für eine Ehe fühle ich mich noch zu jung, das ist für mich keine Alternative zur Arbeit. Ich kann mir mich einfach nicht in einem Familienleben vorstellen, denn da habe ich dann wirklich Verantwortung für andere Personen und ich glaube nicht, dass ich das mit 17 Jahren schon packe. Ich kann mir auch nicht vorstellen mit einem Mann verheiratet zu werden, den ich noch gar nicht richtig kenne. Denn bei uns Türken ist die Trennung der Geschlechter Teil der Kultur. Und Jungs sind da genauso unter Zwang wie Mädchen. Weil, wenn meine Familie zu mir sagt: Nicht mit Männern sprechen. Dann heißt das genauso für die Männer: Nicht mit den Mädchen sprechen. Denn sonst bist du mit der Familie dieses Mädchens sozusagen Feinde.    

Die Türken sind meistens auf die eigene Gruppe beschränkt. Alleine in unserer Familie kommen hier locker 50 Personen zusammen. Und die machen dann meistens was untereinander. Ich glaube aber auch, dass die Türken hier eher zurückgezogen leben, weil sie einfach denken, dass sie die Sprache nicht genug beherrschen und sie Fehler machen und wenn sie Fehler machen könnten sie ausgelacht und ausgespottet werden.  

Was fehlt ist die Zusammenarbeit der Migranten mit der Stadt, dann würde unser Leben hier schon sehr gut aussehen. Wir Türken könnten offener sein und uns mehr mit anderen Nationen in Kontakt setzen. Denn wenn ich mir vorstelle, unsere türkischen Personen würden wirklich mit den Österreichern zusammenarbeiten wollen für etwas, das sie besser machen wollen, dann würde das auch gelingen.

Österreich ist mein Zuhause, 2009 haben meine Familie und ich die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen. Andererseits hatte ich die drei Mal, die ich in meinem Leben bisher in der Türkei war, das Gefühl, dass ich dort von den Menschen so wirklich angenommen werde. Tatsächlich hängt es davon ab mit wem ich es zu tun habe, ob ich mich als Ausländerin fühle oder nicht. Bin ich mit jüngeren Leuten, die zu mir sagen: Du bist ein Ausländer! Dann antworte ich; OK, ich bin Ausländer! Hast du was dagegen? Aber wenn ich dann wieder so schaue, dann bin ich eigentlich gar kein Ausländer?                                                        2.12.2013

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