Mehrsprachigkeit im Kindergarten

  • Baeck Haberleitner 2011 Mehrsprachigkeit im Kindergarten.pdfGabriele Bäck - Christa Haberleitner : Mehrsprachigkeit im Kindergarten (Erziehung und Unterricht, Jänner/Februar 2011 | 8 S.) (pdf) Mehrsprachigkeit im Kindergarten Summary Sprachenbildung wird von Expertinnen und Experten als Schlüsselkompetenz einer erfolgreichen Bildungsbiografie angesehen. Der Sprachenbildung wird seit dem Ergebnis der PISA Studie bildungspolitisch viel Aufmerksamkeit gewidmet. Maßnahmen, die Kinder von Beginn an in ihrem Sprachenlernen unterstützen sollen, wurden erfolgreich implementiert Da im Kindergarten üblicherweise Kinder mit verschiedenen Erstsprachen aufeinander treffen, bietet diese Bildungseinrichtung vielfältige Möglichkeiten Mehrsprachigkeit zu erleben. Mit einer sensiblen Begleitung und Förderung von Pädagoginnen und Pädagogen haben Kinder die Chance, Lust und Leidenschaft für Sprache(n) zu entwickeln. Für jedes Kind ist Sprachenlernen im frühen Alter ein Geschenk, denn es lernt nie mehr so leicht wie in dieser Lebensphase. Dieser Artikel soll Einblick in den Bildungsbereich Sprache(n) im Kindergarten unter Berücksichtigung von Migration geben. Qualitätskriterien für gelebte Mehrsprachigkeit und die Zusammenarbeit mit Eltern im Dialog werden ins Zentrum pädagogischer Überlegungen gestellt. Einleitung Sprache ist für die Gestaltung sozialer Beziehungen und die Partizipation am kulturellen und politischen Leben bedeutend. Sprachkompetenz ist ebenso notwendig, um Handlungen zu planen, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterzugeben. Im Sinne von Chancengerechtigkeit ist die Sprach(en)- und Kommunikationskompetenz die Grundlage, um in der pluralistischen Gesellschaft seine Lebensbezüge aktiv gestalten zu können. In der EU wird die Vielsprachigkeit (Plurilingualismus) angestrebt. Im Jahr 2002 forderten Europas Regierungen in Barcelona, dass wenigstens zwei Fremdsprachen bereits in der frühen Kindheit vermittelt werden sollen (vgl. Rubio & Keller 2007, S 4f). Sprache wird jedoch auch als wesentliche Dimension der Bildungsbiografie angesehen. Die bildungs- und gesellschaftspolitische Forderung, allen Kindern die Möglichkeit zu bieten, ihre Sprachenkompetenz entwickeln zu können, ist im höchsten Maße aktuell. Sprache(n) lernen ist ein lebenslanger Prozess, doch aufgrund des Entwicklungspotentials kommt der frühkindlichen Bildung besondere Bedeutung zu. Pädagoginnen und Pädagogen sollen die Sprachentwicklung der Kinder unter Berücksichtigung von Bilingualität und Mehrsprachigkeit begleiten und bei allen Kindern die Sprache Deutsch fördern. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Übergang in die Grundschule bestmöglich gelingen kann und beste Bedingungen für den Schreib-Leseprozess gegeben sind. 1. Wissenschaftliche Grundlagen Mehrsprachigkeit bringt Kindern die kulturelle Vielfalt unserer Welt näher und steht immer im Zusammenhang mit Kulturerwerb. Jede Sprache ist somit etwas Kostbares, da sie eine besondere Perspektive, eine einzigartige Sicht auf die Welt mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen eröffnet (vgl. Rubio et al. 2007, S.5). Lange wurde Zweisprachigkeit als Grund für eine Verzögerung in der Sprachentwicklung angesehen. Verantwortlich dafür war jedoch eine monolinguistische Umwelt, in der zwei- bzw. mehrsprachige Kinder nicht an- und aufgenommen und die Erstsprache eines Kindes als Hindernis angesehen wurde (vgl. Perregaux 2007, S.12). Auch deutschsprachige Kinder haben in einer solchen monolinguistischen Umwelt keine Möglichkeit, Interesse an Sprachen zu entwickeln und wachsen einsprachig auf. Ein weiteres Hemmnis für die Förderung von Mehrsprachigkeit ist der unterschiedliche Status der Sprachen in unserer Gesellschaft. Kinder nehmen sehr früh wahr, dass Sprachen unterschiedlich anerkannt und geschätzt werden (Rubio et al. 2007, S.5). Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die menschliche Sprachkapazität nicht begrenzt ist und der Erwerb von mehr als einer Sprache im Kindesalter möglich ist, wenn entsprechende Ausgangsbedingungen gegeben sind. Die Aneignung zweier oder mehrerer Sprachen fördert kognitive Prozesse und führt zu einem breiten Spektrum des Denkens von der Welt. Insbesondere das metasprachliche Bewusstsein, das Wissen über Sprache(n), kann sich bereits im frühen Alter durch Mehrsprachigkeit entwickeln (vgl. Wenzel 2004, S29f).