Mehrsprachigkeit als Sprach- und Kulturkompetenz

  • Rastner 2005 Mehrsprachigkeit als Sprach und Kulturkompetenz.pdfRastner Eva Maria : Mehrsprachigkeit als Sprach- und Kulturkompetenz - Sprachliche Entdeckungsreisen im Unterrichtsfach Deutsch (IDE, 2005) pdf Eva Maria Rastner, Mehrsprachigkeit als Sprach- und Kulturkompetenz, Sprachliche Entdeckungsreisen im Unterrichtsfach Deutsch 1. Was bedeutet »Sprachliche Bildung« heute? Zu den Selbstverständlichkeiten menschlicher Existenz gehört die Erfahrung sprachlicher und kultureller Vielfalt (vgl. Haarmann 2001, S. 15). Multikulturalismus und damit Vielsprachigkeit prägen das Bild unserer modernen Gesellschaft und bestimmen unser Leben auf vielen Ebenen. Dementsprechend gilt mehrsprachig zu sein im Zeitalter der Globalisierung als unumgängliche Bildungs- und Kulturkompetenz (vgl. Rastner 2002, S. 53). Jungen Menschen innere wie äußere Mehrsprachigkeit als Wert und Reflexion über Sprache bzw. Sprachen als Fähigkeit zu vermitteln, muss daher zu den wichtigsten Aufgaben einer Schule von heute gehören, die längst zu einer multikulturellen und vielsprachigen geworden ist.1 Diese Tatsache bringt Konsequenzen mit sich und erfordert eine Neuorientierung des Unterrichts in allen Fächern, besonders aber auch im Fach Deutsch. Es geht darum, den Absolutheitsanspruch der eigenen Kultur und (Mutter-)Sprache in Frage zu stellen (vgl. dazu Wintersteiner/Rastner 1997, S. 4) und die Auseinandersetzung mit Vielsprachigkeit sowohl im Deutsch als Fremdsprachenunterricht (DaF) als auch im Muttersprachenunterricht zum festen Bestandteil jedes Nachdenkprozesses über Sprachen werden zu lassen. Dieser so genannte Muttersprachenunterricht ist aber de facto für viele Schüler und Schülerinnen ein Deutsch als Zweitsprache-Unterricht (DaZ). Diesen Aspekt müssen wir mitdenken, wenn wir über eine Kultur der Mehrsprachigkeit im Unterrichtsfach Deutsch reflektieren. Ein Perspektivenwechsel ist also gefragt: Einen solchen Perspektivenwechsel hat die – bis dahin vorwiegend an monolingualen deutschen SchülerInnen orientierte – Deutschdidaktik2 der letzten Jahre eingeleitet, indem sie betont, dass nur ein interkultureller Sprach- und Literaturunterricht zur Wahrnehmung des »Anderen« und damit zu interkulturellem Lernen beizutragen vermag. Vor allem das immer stärker verfolgte Konzept einer interkulturellen Sprachdidaktik zielt darauf, an Stelle der alten (monolingualen) eine neue (multilinguale) Kultur zu etablieren, zu der die deutsche Sprache, ihre Standardvarietäten, Dialekte und Soziolekte ebenso gehören wie die schulischen Fremdsprachen und die Sprachen der Minderheiten (vgl. Rösch 2000, S. 39). Erst zögerlich finden diese Ansätze jedoch Berücksichtigung bei der Gestaltung von schulischen Lehrplänen und noch viel zu selten wird – sieht man von einigen innovativen Unterrichtsprojekten ab3 – bewusstes Zulassen und Fördern von Vielsprachigkeit in jedem Unterrichtsfach, besonders aber auch im Fach Deutsch, als wertvolle Chance interkulturellen Begegnens und Lernens genutzt. Die Reform der AHS- Oberstufe gibt jedoch Anlass zu neuer Hoffnung, indem im Lehrplan der Wert Sprachlicher Bildung besonders betont wird.