Migration  Gängige Vorurteile gegenüber MigratInnen

„MigrantInnen sind faul, integrieren sich nicht und liegen dem Staat auf der Tasche. Zu allem Überfluss bekommen sie auch noch viel zu viele Kinder“.

Solche und ähnliche Aussagen halten sich beharrlich in der österreichischen Migrationsdebatte. Höchste Zeit, die Vorurteile einem Faktencheck zu unterziehen.

Noch nie waren so viele AusländerInnen in Österreich wie heute

Die „gute alte Zeit“ war genau das: gut, alt – und multikulturell. Schon die Habsburgermonarchie war ein Vielvölkerstaat und Wohnort von Millionen Personen unterschiedlicher Nationalität. Allein in der Hauptstadt Wien stellten 1880 „AusländerInnen“ rund 43% Prozent der Wohnbevölkerung, um die Jahrhundertwende rund 30 Prozent. Im Vergleich: Jetzt sind 22,3 Prozent der WienerInnen „AusländerInnen“, also deutlich weniger als in der „guten alten Zeit“. Aktuell liegt die Zuwanderung nach Österreich bei rund 12 Personen pro 1000 EinwohnerInnen und damit im Durchschnitt der Jahre 2000 – 2010. Auch Flüchtlinge hatte Österreich bereits einmal wesentlich mehr: Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg befanden sich ca. 1,6 Millionen Flüchtlinge bzw. Vertriebene in Österreich. 2011 kamen ca. 14.400 AsylwerberInnen nach Österreich. Insgesamt befinden sich rund 20.000 in Grundversorgung. Wir reden also von ein bis zwei Prozent der Flüchtlingszahl nach 1945.

Jährlich werden zigtausende AusländerInnen eingebürgert

Seit 2005 sind die Einbürgerungen aufgrund immer härterer Einbürgerungsgesetze um über 80 Prozent zurückgegangen. Ein immer größerer Anteil unserer Bevölkerung wird aufgrund verschärfter Einbürgerungsbestimmungen vom Wahlrecht und damit von der Möglichkeit, mitzubestimmen, ausgeschlossen. Gleichzeitig kommen jährlich 10.000 Babies im Inland als „AusländerInnen“ auf die Welt, die hier aufwachsen und keine andere Heimat kennen. So werden durch antiquierte Gesetze ständig inländische „AusländerInnen“ produziert. Die Wohnbevölkerung ist nicht mehr mit der Wahlbevölkerung identisch, was ein echtes demokratiepolitisches Problem darstellt.

AsylwerberInnen haben keinen Grund, nach Österreich zu kommen.

In der EU gibt es kein einheitliches Asylsystem. Die Asylentscheidungen der einzelnen EU-Länder fallen oft extrem unterschiedlich aus: So erhalten knapp 70 Prozent der Menschen, die aus Afghanistan flüchten, in Österreich Asyl. In Griechenland sind es nur 10 Prozent. Zudem bieten mache EU-Länder Asylsuchenden keinen ausreichenden Schutz, diese bekommen beispielsweise keine staatliche Hilfe, sondern müssen auf der Straße leben und betteln oder werden grundlos eingesperrt. Daher sehen sich viele AsylwerberInnen gezwungen, auf andere Länder auszuweichen. Selbst auf die Gefahr hin, von SchlepperInnen ausgebeutet oder aus ihren neuen Zielländern neuerlich abgeschoben zu werden.

Ausländer nehmen uns Österreichern die Arbeitsplätze weg

Falsch. Arbeit ist keine Ware, die zugeteilt werden kann. Vielmehr brauchen Unternehmen die Freiheit, sich diejenigen Mitarbeiter auszusuchen, die die benötigten Qualifikationen besitzen und bereit sind, ihre Arbeitskraft in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Sonst könnten die Unternehmen in Österreich nicht wettbewerbsfähig produzieren. Da liegt es nahe, dass die Unternehmen sich die tüchtigsten Mitarbeiter aussuchen, die sie finden können. Wer sich also beklagt, die Ausländer würden uns Österreichern die Arbeit wegnehmen, gesteht damit zugleich ein, dass viele Ausländer sich für manche Arbeit nicht zu schade und tüchtiger als manche Österreicher sind.

Österreicher haben Österreich im Alleingang aufgebaut

Ja, unsere Großelterngeneration hat nach dem Krieg sehr viel geleistet. Im Alleingang haben sie das Land dennoch nicht aufgebaut: Österreich war nach dem zweiten Weltkrieg einer der größten Empfänger der Wiederaufbauhilfe. Im Rahmen des Marshall-Plans wurde das Land von den Vereinigten Staaten mit massiven Hilfslieferungen in der Höhe mehrerer hundert Millionen Dollar unterstützt. Ab den 60er-Jahren wurden gezielt „GastarbeiterInnen“ angeworben, die vor allem durch ihre Arbeitskraft auf Baustellen, in Industrie und Wirtschaft massiv zum Wirtschaftsaufschwung Österreichs - und damit unserem heutigen Wohlstand - beigetragen haben.

AsylwerberInnen liegen den ganzen Tag faul herum

Für Asylsuchende ist es nahezu unmöglich, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Sie werden per Gesetz zur Untätigkeit verdammt. Viele Asylsuchende würden während ihres Asylverfahrens gerne arbeiten, um für sich selbst zu sorgen und der Langeweile und dem Nichtstun entfliehen zu können. Aber egal ob LehrerInnen, ÄrztInnen oder HilfsarbeiterInnen: Für Asylsuchende ist es in Österreich aufgrund der rechtlichen Lage praktisch kaum möglich, eine Arbeitsbewilligung zu bekommen und sich damit selbst zu erhalten.

AusländerInnen haben viele Kinder

Im Durchschnitt bekommen Österreicherinnen 1,32 Kinder, Frauen ausländischer Herkunft 1,87 Kinder. Für beide Gruppen gilt jedoch: Im Schnitt hat weder die Eine noch die Andere zwei Kinder. Erhebliche Unterschiede bei der Kinderzahl ergeben sich auch aus der jeweiligen Herkunft der ausländischen Frauen. Ein interessanter Trend ist, dass bereits eingebürgerte Migrantinnen deutlich weniger Kinder zur Welt bringen als Migrantinnen, die nicht eingebürgert sind.

AusländerInnen kosten den Staat nur Geld

Dieser Mythos hat mehr mit Angst als mit Fakten zu tun. Eine Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales belegt das genaue Gegenteil. Verglichen wurde, wer wie viel ins Sozialsystem einzahlt und wie viel wieder herausbekommt. Es zeigte sich eindeutig: Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sind für Österreich, salopp gesagt, ein „gutes Geschäft“! Personen aus EU-Staaten und anderen Ländern sind „NettozahlerInnen“ in die beitragsfinanzierten Sozialsysteme (Pensions-, Kranken, Unfall-, Arbeitslosenversicherung und Familienlastenausgleichsfonds), während InländerInnen überproportional mehr davon profitieren. Das spiegelt sich auch im Sozialhilfebezug wider: Auch hier ist laut Bundesministerium „der Anteil von MigrantInnen unterproportional zu deren Bevölkerungsanteil“.

Europäer integrieren sich leichter

Mehr als die Hälfte der ZuwanderInnen kommen derzeit aus der EU. Diese müssen, weil EU-BürgerInnen, keinerlei Deutschkenntnisse vorweisen. Viele lernen nicht Deutsch, da sie nicht dauerhaft bleiben wollen oder Jobs ausüben, in denen eine andere Umgangssprache, etwa Englisch, gesprochen wird. Übrigens: 90 Prozent der NeuzuwanderInnen, die nicht aus der EU kommen, nahmen 2011 freiwillig an Integrationskursen der Stadt Wien teil.

Ausländische Kinder haben Probleme mit der deutschen Sprache

Österreichs Jugendliche liegen nach einer von der EU-Kommission präsentierten PISA-Studie bei der Leseschwäche mit 27,5 Prozent im Lesen auf Platz 16 - mit Platz 16 liegt Österreich im PISA-Lese-Test in der schlechteren Hälfte der 30 erhobenen Länder.

Eine Sprachstandsfeststellung zeigte, dass ein Viertel der fünfjährigen Kinder Probleme mit Deutsch hat und spezielle Förderung bräuchte. Dazu zählen auch österreichische Kinder mit deutscher Muttersprache: Zehn Prozent von ihnen haben Förderbedarf. Entscheidend ist aber, dass Sprachprobleme nicht von der Staatsangehörigkeit, sondern vom sozialen Umfeld abhängen. Bei den Kindern, die Deutsch nicht als Muttersprache haben, ist der Förderbedarf mit 59 Prozent zwar höher, doch die sehr erfreuliche Nachricht dabei ist: 41 Prozent mehrsprachiger Kinder sprechen schon mit fünf Jahren gutes Deutsch.

Ausländer sind krimineller als Österreicher

Falsch. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand kriminell wird, hängt nicht von der Nationalität, sondern von Faktoren wie Geschlecht, Alter und Wohlstand ab. Männer sind krimineller als Frauen, Menschen zwischen 15 und 30 Jahren krimineller als ältere, arme mehr als reiche. Letzteres hat auch damit zu tun, dass sich wohlhabendere Menschen auf Formen der Kriminalität verlegen, die nicht unbedingt erfasst werden (z. B. Steuerhinterziehung). Zwar gibt es Statistiken, die Ausländern eine höhere Kriminalitätsrate bescheinigen, rechnet man aber die oben genannten Einflüsse heraus (z.B. die Tatsache, dass der durchschnittliche Ausländer jünger ist als der durchschnittliche Österreicher), so ergibt sich eine niedrigere Kriminalitätsrate als bei Österreichern. Zudem sind die meisten Delikte von Ausländern solche, die Österreicher gar nicht begehen können, nämlich Verstöße gegen das Ausländergesetz oder die rechtlichen

Regelungen für Asylbewerber (die z.B. die Stadt, in die sie gesteckt wurden, nicht verlassen dürfen).

Junge MigrantInnen sind krimineller als junge ÖsterreicherInnen

Da zeichnet der aktuelle Sicherheitsbericht ein anderes Bild: Der Anteil an inländischen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, die 2011 wegen einer Straftat verurteilt wurden, ist deutlich höher als bei jugendlichen AusländerInnen (23,9 Prozent der InländerInnen, 16,9 Prozent der AusländerInnen).

Ausländer und Asylbewerber sind nach der amtlichen Kriminalstatistik deutlich

krimineller als Österreicher - und das im Gastland

Falsch. In der amtlichen Kriminalstatistik werden auch Verstöße gegen das Gesetz mit eingerechnet, die Österreicher gar nicht begehen können, bspw. Verstöße gegen das Asylgesetz, was vor allem einen illegalen Aufenthalt in Österreich meint. Rechnet man diese angebliche "Kriminalität" nicht mit ein, da nur Ausländer dadurch "kriminell" werden können, so ergibt sich ein ganz anderes Bild - wenn es um Raub, Diebstahl, Mord und dergleichen geht, haben Österreicher die höhere Kriminalitätsrate!

 

 

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